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Erinnerung gesichert: Neubeginn in Schmiedebach

Versteckt im „Fröhlichen Tal“ in Schmiedebach, im Thüringer Schiefergebirge, liegt die KZ-Gedenkstätte „Laura“. Unter diesem Decknamen bestand von September 1943 bis April 1945 eines der zahlreichen Außenlager des KZ Buchenwald. Die noch nahezu vollständig erhaltene Gebäudesubstanz macht Laura zu einem einzigartigen, authentischen Erinnerungs- und Lernort. Mit Mitteln des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (TMBWK) entwickelt der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt als Eigentümer ein neues Gedenkstättenkonzept.

Zur Geschichte: Nachdem die Raketenversuchsanstalt Peenemünde von alliierten Luftangriffen getroffen worden war, verlegte die Heeresführung die Waffenfertigung in zumeist abseits liegende Gegenden und Untertage. Aus Buchenwald abtransportierte Häftlinge mussten die Stollenanlage in der ehemaligen Schiefergrube Oertelsbruch weiter ausbauen und ein unterirdisches Sauerstoffwerk im Felsen errichten, um im Gelände Triebwerktests für die Raketenwaffe V2 durchführen zu können.

Die Gebäude des nahe gelegenen Landwirtschaftsgutes der Familie Oertel wurden erweitert und als Unterkunft für insgesamt über 2 600 Menschen genutzt. Die Häftlinge stammten aus mehr als zehn Nationen, vor allem aus Frankreich, Polen, der ehemaligen Sowjetunion, Italien und Belgien. Unter menschenunwürdigen Bedingungen mussten sie hier bis zur völligen Erschöpfung Zwangsarbeit leisten. Die schwere Grubenarbeit und die Misshandlungen forderten zahlreiche Opfer, mindestens 560 Menschen fanden in Laura den Tod. Am Morgen des 13. April 1945 evakuierte die SS das Lager, fast alle Häftlinge wurden in das KZ Dachau abtransportiert. Nur wenige Kranke erlebten die Befreiung durch die amerikanische Armee am gleichen Tag.

1979 wurde eine Gedenkstätte in einem Teil der ehemaligen Hauptunterkunft - der großen Scheune eingerichtet. Seit 1994 ist der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt Träger der Gedenkstätte. Schwierige Eigentumsverhältnisse verhinderten eine Weiterentwicklung. Jahrelang versuchte die Landrätin des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt, Marion Philipp, den ehemaligen Häftlingsbereich vom insolventen Eigentümer bzw. den Gläubigern zu erwerben.

Nicht zuletzt durch öffentlichen Druck, viele Unterstützer und den persönlichen Einsatz von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht kam eine Einigung unter der Moderation von Prof. Dr. Volkhard Knigge, dem Leiter der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora, zustande. Mit der breiten Zustimmung des Kreistages im Dezember 2010 stand dem Erwerb des ehemaligen Häftlingsbereiches mit drei Gebäuden -  der ehemaligen Hauptunterkunft in der großen Scheune, der Häftlingsküche und der Lagerselbstverwaltung - nichts mehr entgegen.

Der Kauf des Ensembles galt als Voraussetzung für die Durchführung der dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen, mit denen sofort begonnen werden konnte. Das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellte die nötigen Mittel für  die Umgestaltung zur Verfügung, der Landkreis komplettierte die Finanzierung mit eigenen Mitteln. 

Die umfangreiche Sanierung basiert auf einer neuen Nutzungskonzeption, welche erstmals alle drei Gebäude - ehemalige Unterkunft, Häftlingsküche und Lagerverwaltung - einbezieht. In der früheren Lagerverwaltung entsteht derzeit ein multifunktionaler Veranstaltungsraum, der auch einen Teil der neuen musealen Ausstellung beinhaltet. In der ehemaligen Häftlingsküche werden künftig Besucher empfangen.

Das Herz der Gedenkstätte bleibt nach wie vor die große Feldscheune, ehemals Unterkunft für mehrere hundert Häftlinge. Hier informiert der zweite Teil der neuen Ausstellung u. a. über Häftlingsschicksale, den Lageralltag, die Strapazen der Zwangsarbeit, aber auch über Täter und Mittäter. Zusätzliche Informationen zur Geschichte des Lagers können künftig über verschiedene Multimedia-Angebote, wie Audiogeräte und Filmsequenzen, abgerufen werden. Eine geänderte Besucherführung sowie das neue Wege- und Beschilderungssystem werden den Gästen auch die individuelle Erkundung des Geländes erleichtern. Geplant ist ferner die Sichtbarmachung des ehemaligen Appellplatzes, der als zentraler Bestandteil des Lageralltags galt.

Faszinierende Erkenntnisse über die Einrichtung der Häftlingsunterkunft wurden erst kürzlich bekannt. Im Rahmen der Erstellung eines restauratorischen Gutachtens konnten Farbspuren und Inschriften zeitlich datiert werden. Weitere, bislang nicht sichtbare Wandzeichnungen wurden entdeckt und als Originale bewertet. Insbesondere bei den Wandzeichnungen in den Kaporäumen (separate Räume für sogenannte Funktionshäftlinge) ist die Arbeit des Restauratorenteams auch in Zukunft gefragt. Der Freistaat Thüringen  förderte die Durchführung des Gutachtens.

Eine weitere Besonderheit des denkmalgeschützten Ensembles ist die Urnengrabstätte des ehemaligen holländischen Laura-Häftlings Herman van Hasselt, der 2009 auf eigenen Wunsch im Gedenkstättengelände beigesetzt wurde. Er setzte damit ein symbolisches Zeichen des Sieges über die geschehene Unmenschlichkeit und trug zugleich zum Erhalt des Ortes bei. Als einer von mehreren Häftlingen lag es van Hasselt bis zu seinem Tod besonders am Herzen, der jungen Generation von dem Geschehenen zu berichten. Die Fortführung der Jugend- und Projektarbeit wird seit Jahren vom Förderverein Gedenkstätte Laura e.V. unterstützt. In den kommenden Jahren soll die Bildungsarbeit - auch durch die Vernetzung mit der Gedenkstätte Buchenwald - als zentrale Aufgabe weiter ausgebaut werden.

Am kommenden Freitag, 13. April, 14 Uhr, wird in der Gedenkstätte in Schmiedebach der Befreiung des Außenlagers vor 67 Jahren gedacht und die neue Gedenkstätte eröffnet.