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„Wir sind frei!“ – Gedenkveranstaltung anlĂ€sslich der Befreiung des Konzentrationslagers Laura vor 70 Jahren

MinisterprÀsident Bodo Ramelow bei der Kranzniederlegung.

MinisterprĂ€sident Bodo Ramelow wĂŒrdigt GedenkstĂ€ttenarbeit

„Als sie die Kommunisten geholt haben,
hab ich nichts gesagt. Ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten geholt haben,
hab ich nichts gesagt. Ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Juden geholt haben,
hab ich nichts gesagt. Ich war ja kein Jude.

Als sie mich geholt haben, war niemand mehr da, der hĂ€tte etwas sagen können.“

Mit diesen Worten des Theologen Martin Niemöller erinnerte MinisterprĂ€sident Bodo Ramelow wĂ€hrend der Gedenkveranstaltung am 15. April 2015 anlĂ€sslich des siebzigsten Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Laura daran, dass die GleichgĂŒltigkeit Vieler Verfolgung und Völkermord im Nationalsozialismus erst möglich gemacht hatte. Über 250 GĂ€ste, darunter eine Delegation der ‚Association française  Buchenwald, Dora et Kommandos‘, nahmen am Festakt teil. Unter den GĂ€sten waren auch der 92-jĂ€hrige Jean Jouanin, Überlebender des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora, Kirsten van Hasselt, die Enkelin des ehemaligen Laura-HĂ€ftlings Herman van Hasselt, Mitglieder des Fördervereins GedenkstĂ€tte Laura e.V. sowie Vertreter des Kreistages Saalfeld-Rudolstadt.

 

Nach der BegrĂŒĂŸung durch Landrat Marko Wolfram hielt der MinisterprĂ€sident die Festrede, in der er auch die Rolle ThĂŒringens im Nationalsozialismus beleuchtete. So ging Ramelow auf den Erfurter Betrieb Topf und Söhne ein, der unter anderem die Konzentrationslager Buchenwald und Auschwitz mit Verbrennungsöfen beliefert hatte und betonte, dass Fritz Sauckel, als ‚GeneralbevollmĂ€chtigter fĂŒr den Arbeitseinsatz‘ verantwortlich fĂŒr die Deportation von etwa fĂŒnf Millionen auslĂ€ndischer ArbeitskrĂ€fte ins Deutsche Reich, seinen Wohnsitz in Weimar hatte. Die Sprachlosigkeit angesichts der geschichtlichen Tatsachen dĂŒrfe jedoch nicht dazu fĂŒhren, im Hinblick auf aktuelle gesellschaftliche Tendenzen untĂ€tig zu bleiben: „Wir mĂŒssen unsere Stimme erheben, wenn AuslĂ€nderfeindlichkeit und Fremdenhass immer offener zu Tage treten. Wenn die Brandstifter von heute dem Geist der Mordbrenner von damals folgen und geplante UnterkĂŒnfte fĂŒr FlĂŒchtlinge und Asylbewerber in Brand stecken. Wir dĂŒrfen nicht schweigend zusehen, wenn sich heute BrandanschlĂ€ge wie vor zwanzig Jahren in Mölln und Hoyerswerda gegen unsere auslĂ€ndischen MitbĂŒrger richten. Wir dĂŒrfen nicht schweigend zusehen, wenn mutige und entschlossene Kommunalpolitiker an Leib und Leben bedroht werden.“

 

In diesem Zusammenhang hob Ramelow die Bedeutung des Schwurs von Buchenwald fĂŒr die Gegenwart hervor: „Die ThĂŒringer Zivilgesellschaft fĂŒhlt sich dem Erbe des Schwurs der HĂ€ftlinge von Buchenwald  verpflichtet und erfĂŒllt diesen Eid mit ihrem Engagement gegen Nazismus mit  Leben. Dieses Engagement der  Zivilgesellschaft steht fĂŒr ein weltoffenes ThĂŒringen. Deshalb heißen wir FlĂŒchtlinge und Asylbewerber als Opfer von Krieg und Verfolgung aus humanitĂ€rer Pflicht und in der ErfĂŒllung des VermĂ€chtnisses der HĂ€ftlinge von Buchenwald in unserem Land willkommen.“ 

Beeindruckend waren auch die Worte Wil van Hasselts, Sohn des ehemaligen Laura-HĂ€ftlings Herman van Hasselt. Sie wurden im Anschluss an das Grußwort von Jean Claude Gourdin, GeneralsekretĂ€r der ‚Association française  Buchenwald, Dora et Kommandos‘ von seiner Tochter Kirsten van Hasselt verlesen, da er selbst schwer erkrankt ist und nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnte. Van Hasselt betonte, dass oftmals wenig reicht, um Menschen gegeneinander aufzubringen: „In jedem von uns steckt ein GewalttĂ€ter; nur die UmstĂ€nde bestimmen, wie weit man geht oder gehen kann. Hier kann man sehen was geschieht, wenn Leute unter erbĂ€rmlichen ZustĂ€nden aufeinander gehetzt werden.“ Wil van Hasselt unterstĂŒtzt die GedenkstĂ€ttenarbeit seit vielen Jahren und dankte dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt sowie dem Förderverein der GedenkstĂ€tte auf bewegende Weise dafĂŒr, „dass ihr einen Teil eures Lebenspfades zu dem meinen gemacht habt“.

Zum Abschluss las Dorit Gropp, Vorsitzende des Fördervereins, aus dem Bericht des ehemaligen HĂ€ftlings AimĂ© Bonifas vor. Bonifas hatte seine Erlebnisse in den Lagern Buchenwald, Laura, Mittelbau-Dora, Mackenrode und Osterhagen kurz nach seiner RĂŒckkehr nach Frankreich zunĂ€chst nur fĂŒr seine Angehörigen aufgeschrieben. Im Jahr 1968 sind seine Erinnerungen in Frankreich erschienen und unter dem Titel „HĂ€ftling 20801“ ins Deutsche ĂŒbersetzt worden. Anfang 2015 ist der Bericht auf Initiative des Fördervereins in einer ergĂ€nzten Ausgabe neu aufgelegt worden. Der Förderverein hatte durch die Übernahme eines Teils der Fahrtkosten zudem SchĂŒlern des Förderzentrums Kahla, die im MĂ€rz einen Arbeitseinsatz im AußengelĂ€nde durchgefĂŒhrt hatten, die Teilnahme an der Gedenkveranstaltung ermöglicht. Daneben waren auch SchĂŒler des Gymnasiums Bad Lobenstein beim Gedenken zugegen. Musikalisch untermalt wurde die Veranstaltung von SchĂŒlern der Kreismusikschule Rudolstadt.

Die französischen GĂ€ste zeigten sich sehr erfreut ĂŒber die gelungene Veranstaltung. Beim anschließenden Rundgang durch die GedenkstĂ€tte wurden persönliche Kontakte geknĂŒpft und spontane Einladungen nach Frankreich ausgesprochen. Die durchgehende Übersetzung der RedebeitrĂ€ge hatten Coralie Simard und Birgit Letsch ermöglicht. Die Vorbereitung und Korrespondenz zu der französischen Gruppe verdanken wir Brigitte Husung, ebenfalls Vereinsmitglied.

Den Bogen vom Jahrestag der Befreiung des Lagers zu gegenwĂ€rtigen Entwicklungen spann der MinisterprĂ€sident abschließend mit Worten: „Heute fĂŒhrt der Weg in die Freiheit viele FlĂŒchtlinge nach ThĂŒringen, in der Hoffnung, dass ein Traum fĂŒr sie Wirklichkeit wird. Dieser Traum lautet: ‚Wir sind frei!‘“

Maria Döbert
GedenkstÀtte Laura